Steckbrief

Deutsche Telekom Stiftung

Die Deutsche Telekom Stiftung wurde 2003 gegründet, um den Bildungs-, Forschungs- und Technologiestandort Deutschland zu stärken. Mit einem Kapital von 150 Millionen Euro gehört sie zu den großen Unternehmensstiftungen in Deutschland. Die Stiftung unterstützt gezielt Projekte, die sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren richten.

Tausche Bildung für Wohnen e.V. (TBfW) stellt in benachteiligten Stadtteilen wie Duisburg-Marxloh oder Gelsenkirchen-Ückendorf mietfreien Wohnraum für engagierte junge Menschen zur Verfügung, die im Gegenzug als Bildungspaten in den sogenannten „Tauschbars“ die schulische und persönliche Entwicklung benachteiligter Kinder fördern.

Die Virtuelle Tauschbar (VTB) – Der „Offene Raum für alle“

Dank der schnellen und großzügigen Unterstützung der Telekom-Stiftung und weiterer Förderer konnten die „Tauschbars“ in DU-Marxloh und GE-Ückendorf virtuell nachgebaut werden. Den bei TBfW angemeldeten Kindern und engagierten Bildungspaten wurde im Corona-Shutdown ihr geliebter Ort wenigstens virtuell zugänglich gemacht. Lernförderung, Freizeitbetreuung, basteln, spielen und sozialer Austausch, emotionale Begleitung und Freundschaftspflege finden nun mit einer 1:1 bis 1:4 Betreuung digital sowie daten- und kinderschutzkonform in Video-Konferenzen innerhalb der Virtuellen Tauschbar statt. TBfW plant, den Ausbau dieser Plattform und freier Zugangsmöglichkeiten zu einem „Offenen Raum“ für alle Kinder aus Deutschland (und darüber hinaus), in dem in dem neue (Lern)Inhalte für Kinder und von Kindern gestaltet werden – (Lern)Inhalte, die an den Bedürfnissen der Kinder und den Erkenntnissen zukunftsfähiger Bildung forschend interdisziplinär entwickelt werden und die dazu einladen, sich auch in der realen Welt zu verbinden. Die VTB ist eine alternative Plattform-Technologie, die sich ganz klar von sogenannten “Datenkraken” wie Facebook, Zoom und Co. unterscheidet, mit dem Potenzial die „Schere analog und digital“ / „Arm und Reich“ zu schließen und die „Digitale Souveränität“ junger Menschen zu fördern.

Die PROJEKTFABRIK gGmbH (PF) setzt mit ihren Programmen an sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Engpässen an und setzt auf Grundlage künstlerischen Schaffens Potenziale der betroffenen Menschen frei, ermöglicht bspw. langzeitarbeitslosen Jugendlichen individuelle Wege zur Berufsfindung.

Erfahrungen im Kontext der Corona-Pandemie

Welche Folgen hat(te) die Pandemie für Tausche Bildung für Wohnen?

Als die Türen der Tauschbars in Duisburg-Marxloh und Gelsenkirchen-Ückendorf Corona-bedingt schließen mussten, bedeutete dies für die Kinder des Projekts eine weitere Entbehrung einer Halt- und Sicherheit gebenden Struktur.

Selbst privilegierte Familien der Mittelschicht wurden durch den “Lockdown” mit Ungewissheiten und gesellschaftlichen Einschränkungen konfrontiert. Gleichwohl konnten Menschen mit vielen Ressourcen die Krise für sich nutzen, in einigen Fällen sogar davon profitieren. Die “digitale Elite” verbrachte nun noch mehr Zeit im Homeoffice oder mit alternativen Aktivitäten (bspw. Yoga), da das tägliche Pendeln zur Arbeit wegfiel. Wer unerwartet eine “Zwangspause” einlegen musste und es sich leisten konnte, hat seine Zeit Gartenbauprojekten oder der eigenen Hausrenovierung gewidmet.

Auf der anderen Seite entwickeln die meisten Familien, insbesondere armutsbelastete Familien (häufig mit Migrations- und Fluchthintergrund) und Geringverdiener enorme Zukunfts- und Existenzängste. Viele Eltern standen – neben ihrer Aufgabe zu arbeiten, der Angst diese zu verlieren oder sich in „systemrelevanten“ Niedriglohn-Jobs mit Corona zu infizieren – vor der Herausforderung, ihre Kinder ganztägig zu betreuen, selbst zu unterrichten und ihnen zu erklären, warum sie nicht auf den Spielplatz gehen und ihre Freunde treffen durften.

Allein gelassen mit ihren Ängsten, eingesperrt auf engstem Raum, zum Teil ohne Hilfe bei den durch die Schule verordneten Hausaufgaben, sprachliche Hürden, Unsicherheiten im Umgang mit technischen Geräten oder Diensten, niedriges Datenvolumen und fehlende Endgeräte, all dies stellte die Kinder und ihre Familien vor scheinbar unüberwindbare Hürden und führte zu extremen Belastungen – zusätzlich zur allgemeinen Verunsicherung aufgrund der Pandemie.

Die Problemfelder sind nicht neu, doch hat Corona, einem Brennglas gleich, sie noch sichtbarer gemacht und pointiert die strukturelle Benachteiligung im Bildungsbereich offengelegt.

Aber auch die Bildungspaten, junge Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes und Studierende, haben mit großer Verunsicherung, zum Teil sogar Angst und Lähmung reagiert. Es wurde ihnen zu Beginn des „Lockdowns“ der Kontakt zu den Kindern vollständig untersagt. So verloren diese jungen Menschen nicht nur ihre geregelte Alltagsstruktur und Orientierung, sondern auch ihr Betätigungsfeld für soziales Engagement und die eigene Sinnstiftung. Die Bildungspaten waren empört und schockiert, ihren Kindern, zu denen sie monatelang enge Freundschafts- und Vertrauensbeziehungen aufgebaut haben und für die sie sich verantwortlich fühlen, in dieser ohnehin schweren Zeit nicht zur Seite stehen und nicht helfen zu können.

Für TBfW stand außer Zweifel, möglichst schnell auf die plötzliche Herausforderung durch Corona reagieren zu müssen. Durch schnell zugesagte Fördermittel der Deutschen Telekom Stiftung, Postcode Lotterie, Haniel Stiftung, Gelsenwasser Stiftung und Stiftung der Sparkassen Duisburg “Unsere Kinder – Unsere Zukunft”, wurde eine ungewöhnliche Kooperation gestartet: In und durch die Zusammenarbeit mit „Trink—Genosse“, einer genossenschaftlich organisierten Kneipe aus Köln, die ihre Bar ebenfalls als virtuelles Angebot Corona-bedingt umgebaut hat, wurden die Tauschbars in Duisburg-Marxloh und Gelsenkirchen-Ückendorf virtuell nachgebaut, um damit den Kindern des Vereins den von ihnen geliebten Ort wenigstens virtuell zugänglich zu machen.

Um Zugang zur digitalen Welt zu ermöglichen, wurden Endgeräte gekauft oder gespendet und an die Kinder und Familien ausgeliehen. Lernförderung, Freizeitbetreuung, basteln, spielen und sozialer Austausch, emotionale Begleitung und Freundschaftspflege finden nun zwischen den Kindern und ihren Bildungspaten digital sowie daten- und kinderschutzkonform in Video-Konferenzen innerhalb der Virtuellen Tauschbar statt.

Eine Mutter aus Gelsenkirchen-Ückendorf sagt: „Tausche Bildung für Wohnen ist einfach gut – die unterstützen unsere Kinder beim Lernen. Und die haben auch unsere Kinder in der Corona-Zeit mit Videoanrufen unterstützt. Die sind eine große Hilfe für unsere Kinder!“ Und Drittklässler Juan aus Marxloh meint: „Normalerweise lernen wir mit Sara in der Tauschbar, das ist immer lustig. Wegen Corona müssen wir jetzt in eine App gehen, da kann man malen und schreiben. Ich treff ́ dann auch immer meinen Freund im Video. Das ist cool!“

Die Tauschbars sind aktuell unter Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsvorschriften wieder geöffnet. Kinder, Bildungspaten und Standortleitung treffen wieder im physischen Raum aufeinander. Die Mitarbeiter des Leitungsteams arbeiten aktuell vorwiegend im Homeoffice.

PROJEKTFABRIK gGmbH in Zeiten von Corona:

Die Projektfabrik konnte ihre JobAct Projekte an den einzelnen Standorten digital weiterführen. Die Anleiter in den Projekten, überwiegend Künstler, sind es gewohnt, ihre Kreativität ins Spiel zu bringen und auf neue Situationen Antworten zu finden. So wurden, trotz Mangel an technischer Ausstattung, mehrere neue digitale Methoden und Tools entwickelt.

Die Teilnehmer wurden manchmal per Handy gecoached und angeleitet. Oft war eine zuverlässigere Teilnahme nachzuweisen als beim Präsenz-Unterreicht. Wir haben, alternativ zum Theater auf der Bühne, Objekttheater via Zoom, Hörspiele, Videos, Selbstportraits und Filme produziert. Sogar das alltägliche Körpertraining war via Zoom möglich, das wir so regelmäßig überregional anbieten konnten.

Die Vernetzung zwischen den Projekten war sehr erfolgreich. Wir haben es geschafft, eine neue Slack- Plattform zu etablieren, über welche die Kollegen sich kontinuierlich austauschen konnten. Neben regelmäßigen Zoommeetings sind auch virtuelle Besuche in den einzelnen Projekten möglich gewesen.

Auf der Ebene der gesamten Organisation haben wir gute Erfahrung mit ungewöhnlichen Allianzen in der Corona-Zeit gemacht, weil sich einige Verbindungen zwischen Organisationen viel einfacher und schneller mithilfe digitaler Medien gestalten ließen. Es war aber nicht alles so reibungslos, denn das Erlernen und Aneignen neuer Kompetenzen im Umgang mit digitalen Tools und Methoden hat fast jeden immer mal wieder an Grenzen gebracht.